Das raffinierte Schweinchen-Gen
Als langjährig geübte Mutter arbeite ich mit allen Tricks. Ich frage zum Beispiel nicht „Willst du dich mal wieder waschen?“, sondern sage „Du darfst dir aussuchen, ob du baden oder duschen willst.“ Hört sich viel besser an, zeigt wie großzügig ich bin und bis zu einem gewissen Alter fallen die Kinder auch darauf herein.
Aber meine Kinder sind ja schließlich zur Hälfte von mir. Haben eindeutig das raffiniertes-kleines-Schweinchen-Gen geerbt. Prachtexemplar Nr. 2 ist mittlerweile neun, kennt meine Tricks, bemerkt das sofort, wenn ich sie anwende und versucht mit allen Mitteln dem Willen der Mutter zu entkommen.
Woher kommt dieses mangelnde Interesse am lecker sauber und frisch sein? Fühlt sich doch gut an und alle Menschen, die einem näher als zwei Meter kommen, freuen sich über einen angenehmen Duft und ansprechende Optik.
Wie so oft versuche ich mich daran zu erinnern, wie das bei mir in dem Alter war. Leider bin ich auf meiner Festplatte nicht fündig geworden. Ich finde lediglich verschwommene Erinnerungen an eine Mama, die mir morgens bevor ich aus dem Haus gehe vor den Augen meiner Freundin die Haare kämmt und mit dem Waschlappen noch einmal durchs Gesicht fährt. Dazu gibt es noch den Klassiker: Vor dem Besuch bei Oma oder im Restaurant auf's Stofftaschentuch mütterliche Spucke geben und damit der Brut beherzt durchs Gesicht wischen. All das habe ich vermieden, weil ich wenigstens etwas besser machen wollte, damit hier keine traumatischen Erlebnisse zur Waschverweigerung führen. Leider hatte diese gute Absicht nicht die gewünschte Wirkung. Die Ursache muss eine andere sein.
Alternative Theorien sind diese:
a) Dreck hält warm. Wir haben Winter.
b) Alle Jungs sind bis zur ersten Freundin Waschverweigerer. Manche auch danach noch. Das sind dann die hoffnungslosen Fälle.
c) Es könnte sein, dass Kind sich im Wasser auflöst. Kind will aber unbedingt groß und stark werden – gerne stinkend.
Vollkommen wurscht, woran es liegt. Ich will mein Ziel erreichen. Und zwar jedes Mal. Heute hatte ich ein super Argument. Kind hat rotes Spray in den Haaren. Damit könnten heute Abend die Kuscheltiere im Bett eingesaut werden. Nicht alle Kuscheltiere kann man waschen und unsere Waschmaschine frisst wahllos den zu waschenden Inhalt an. Die Gefahr ein verunstaltetes Kuscheltier zu haben will Kind nicht eingehen. Aber! Es handelt sich wie bereits erwähnt um MEIN Kind. „Mama, ich kann mich ja einfach über den Wannenrand beugen. So wie du, wenn du dir nur die Haare wäschst.“ So. Da hab ich es mal wieder. Clevere Kinder sind wirklich toll. Meine Jungs erfüllen mich mit Stolz und ich freue mich mindestens einmal am Tag über jeden von beiden. Meistens lebe ich sogar im Dauerfreu.
Nachgeben ist eine äußerst gefährliche Reaktion und liegt mir grundsätzlich nicht. Ich bin der Chef und notfalls lasse ich einfach keine Diskussionen mehr aufkommen. Mama-Chef befiehlt - Kind hat zu gehorchen. Diese Vorgehensweise hatte übrigens auch schon verdächtige Auswirkungen: Mein Teenie-Ding hatte im Kindergartenalter wahrscheinlich genau deswegen den Berufswunsch „Chef“. Darüber darf ich nicht weiter nachdenken. Ich hoffe, auf seiner Festplatte hat sich „Chef befiehlt – Nicht-Chef gehorcht“ nicht verfestigt. Das könnte im Berufsleben fatale Folgen haben. Momentan kann ich glücklicherweise keine Anzeichen in dieser Richtung entdecken, aber Kinder sind Wundertüten. Wer weiß, was da noch kommt.
Ich werde mir heute also Gedanken machen über die geschickteste Umsetzung meines Plans. Überraschungseffekte sind immer gut. Verwöhnprogramm ist auch nicht schlecht. Die Aussicht auf Badesalz, welches das Wasser blau färbt (beruhigendes Lavendel!) und in der Wanne etwas von Mama, diese natürlich positioniert vor der Wanne, vorgelesen zu bekommen zieht bei Prachtexemplar Nr. 2 manchmal noch. Vielleicht versuche ich das.
Was Teenie-Ding – derzeit meines Wissens noch ohne Freundin - im Bad veranstaltet weiß ich übrigens nicht. Seit ca. 2-3 Jahren verschanzt er sich zu meiner Freude alleine im Bad und tut Dinge. Die Geräuschkulisse (Zähneputzen, laufendes Wasser) passt, aber wie gesagt: raffiniertes, kleines Schweinchen...
veilchenpastille am 16. Februar 12
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