Sonntag, 4. März 2012
Herzblut und Leberwurstküsse
Heute Nachmittag habe ich Herzensmann eine SMS geschrieben. Eine SMS weit entfernt von guter Rechtschreibung dafür aber voller Herzblut und Sehnsucht. Ich habe die zuletzt gewählte Nummer aus der Liste angeklickt und glücklicherweise rechtzeitig bemerkt, dass das nicht Herzensmanns Nummer war sondern die von Prachtexmplar Nr. 2's Papa.

Den Fehler habe ich schnellstens korrigiert, gleichzeitig ist mir aufgefallen, dass ich dem Mann, dem ich mein wunderbares Kind verdanke, niemals solche SMS geschickt habe. Wir sind überhaupt nie so miteinander umgegangen, wie Herzensmann und ich das tun. Ist das nicht schrecklich? Ich find das ganz furchtbar. Immerhin habe ich viele Jahre gekämpft und gehofft, dass wir beide doch noch zueinander finden.

Danach bin ich in die Badewanne gegangen, damit Herzensmann gleich eine köstlich frische Frau vorfindet. Ich habe meine in der Hoffnung auf möglichst unauffällige Ansätze „mittelblond“ gefärbten Haare mit einer Blond Glanz Kur, die brilliante Glanzreflexe verspricht und mit Glitzerpartikeln angereichert ist, gepimpt. Der Epilierer und der Hornhautstein kamen zum Einsatz. Frisch eingecremt und fein angezogen warte ich nun ungeduldig auf den Mann meines Herzens, meinen Seelenmenschen.

Bauchweh bereitet mir immer noch die Erkenntnis, dass ich äußerst selten mit solcher Freude auf die Vormänner gewartet habe. Diese hab ich zwar auch nicht dreckig und stinkend empfangen, das nicht, aber insgesamt gibt es doch erhebliche Unterschiede.

Aber was war denn vorher anders? Hab ich was falsch gemacht? Haben die Vormänner was falsch gemacht? Warum haben die anderen Männer all diese Wesenszüge von mir nicht aktiviert? Oder hab ich die Bremse gezogen? Wo war mein Bedürfnis liebevolle Dinge zu tun oder zu äußern?

Na gut, Ansätze in dieser Richtung gab es schon. Ich war sicher nicht durchgehend ekelhaft. Sonst wäre ja keiner bei mir gelandet, geschweige denn geblieben. Zeitweise war also wohl wenigstens etwas liebevolles Verhalten vorhanden. Vielleicht hat das bisschen, was ich gegeben hab, auch genügt? Ich weiß es nicht. Sicher dagegen weiß ich, dass alles, was ich Herzensmann gegenüber äußere, bei den wenigsten auch angekommen wäre. Teilweise hätte das Verständnis gefehlt, teilweise hätte der Humor nicht gestimmt.

In diesem Zusammenhang fallen mir zwei Komplimente ein, die ein gutes Beispiel abgeben:
1. Dich will ich auch küssen, wenn du ein Leberwurstbrot gegessen hast.
2. Wir wären auch als Neandertaler ein super Paar gewesen.

So. Bis auf vielleicht einen einzigen anderen Mann fällt mir keiner ein, der diese wirklich von Herzen kommenden Aussagen, die die Intensität meiner Gefühle verbildlichen, verstanden und zu würdigen gewusst hätte. Kaum einer hätte sich darüber so gefreut, wie Herzensmann. Das wiederum bewirkt bei mir, dass meine Phantasie ständig sprudelt. Und Herzensmann bekommt alles ab. Ungefiltert, unzensiert, ununterbrochen. Er wird überschüttet und bis jetzt habe ich jede Sekunde das Gefühl, dass er sich in dieser Lawine wohlig, häuslich niedergelassen hat.

Also, komme ich endlich dem Knackpunkt auf die Spur? Sicher hat es etwas mit Kommunikation zu tun. Mit Empfangen und Senden. Bestimmt auch mit Humor und Alltagstauglichkeit. Mit kompatibler Intelligenz? Vielleicht sollte ich aus meinen oben genannten Komplimenten eine Art Stresstest in Paarkrisen entwickeln. So lange die Freude über Leberwurstkusskomplimente größer ist als über Stumpfsinnkomplimente wie „Du hast schöne Augen“, „Du hast tolle Beine“, „Du bist lieb“, kann man noch was retten. So lange solche Komplimente als freudige Überraschung empfunden, geschätzt und erwidert werden, ist noch etwas Lebendiges da, das wieder ausgegraben und gepflegt werden kann. Eine neue Geschäftsidee ist geboren! Hildes genialer Leberwurstkuss- und Neandertalertest.

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