Sonntag, 11. März 2012
Die nackte Wahrheit
Prachtexemplar Nr. 2 und ich sind heute alleine. Herzensmann muss arbeiten, Teenie-Ding beglückt die Oma mit seiner Anwesenheit.

Das Kind hat die Angewohnheit, jede seiner Wahrnehmungen zu vertonen. Sehr anstrengend das. Noch schlimmer ist, dass ich - noch bevor ich meine zum Hochfahren erforderliche Kaffeeration intus habe - gezwungen werde zu antworten.

Hier eine Aufzählung seiner Äußerungen während meiner Kaffee-Zuführung (zwei Pötte):
Mama, der Piet hat den Komposteimer umgeschmissen.
Mama, guck mal mein Byonicle. Wie findest du die Waffe? Ich hab den verstärkt. Wie findest du die Beine?
Mama, was passiert, wenn man ein Atom spaltet?
Mama, der Pauli schnarcht. (Pauli ist nicht Herzensmann!)
Mama, darf ich meinen Kakao selbst machen? (gemeint ist die Dosis des Kakaopulvers. Hier folgen zähe Verhandlungen.)
Mama, die Lilli ist ein Katzenmodel.
Mama, darf ich in meinem Zimmer machen, was ich will? Mama, ich hab in meinem Zimmer gerülpst.
Mama, wie lange bleiben wir im Zoo?
Mama, darf ich gleich auch was im Internet gucken?
Mama, ich schreibe aus der Sicht vom Esel. (die Nacherzählung)
Mama, Mathe macht irgendwie Spaß, weil das so einfach ist.
Mama, guck mal, ich hab die erste Aufgabe schon fertig.
Mama, magst du Lokomotiven mit Anhängern im Mathebuch? Ich find die total doof. Guck mal.
Mama, mein (selbstgestalteter) Ordner ist so schön. Der sieht aus wie gekauft. Ich bestaune den jetzt, weil der so schön ist.



Wenn ich zuerst dieses Kind bekommen hätte, dann wäre bestimmt kein zweites dazu gekommen. So süß der kleine Kerl ist, so sehr zerrt er zeitweise an meinen Nerven und gleichzeitig bringt er mich auch ständig zum Lachen, weil er oft unfreiwillig komisch ist. Leider verläuft mein Alterungsprozess, seit Prachtexemplar Nr. 2 auf der Welt ist, ungefähr doppelt so schnell. An manchen Tagen bin ich in der Lage, ihn wie ein Radio im Hintergrund laufen zu lassen. Nicht annähernd so oft das meinem Nervenkostüm zugute kommen würde.

Zum Abschluss zwei Dialoge, die sehr anschaulich beschreiben, womit ich es seit fast zehn Jahren zu tun habe.

Dialog 1 (beim Spazieren gehen):
Kind: Mama, weißt du, warum ich so viel rede?
Mama: Nein, mein Kind. Das weiß ich nicht.
Kind: Ich weiß das auch nicht.

Dialog 2 (beim Schach spielen):
Mama: Du machst mich fertig.
Kind: Was glaubst du, wofür ich geboren bin?

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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