Samstag, 14. April 2012
Die erträgliche Leichtigkeit des Seinlassens
Im Ignorieren mancher Tatsachen bin ich richtig gut. Das besonders im Bezug auf meinen Haushalt. Hier der aktuelle Stand der zu erledigenden Arbeiten:
trockene Wäsche auf dem Speicher abhängen, falten, einräumen
trockene Wäsche auf dem Ständer im Wohnzimmer abhängen, falten, einräumen
trockene Wäsche auf dem Sessel im Wohnzimmer abhängen, falten, einräumen
Spülmaschine ausräumen
staubsaugen und putzen, insbesondere das Bad und die Toilette
Fenster putzen
Davon habe ich heute bisher erledigt: nichts

Statt dessen war ich mit Bing in der Hundeschule, einkaufen, im Internet auf der Suche nach Arbeit oder einer rettenden Geschäftsidee und habe ansonsten den Tag mit gemütlich im Bett liegen und Müsli essen, schlafen, Kaffee trinken, duschen und lesen verbracht. Es ist nicht schwierig zu erraten, dass ich kinderfrei habe.

Es dauert noch ca. 45 Minuten bis Herzensmann zu mir kommt. In dieser Zeit könnte ich wenigstens die Wäsche aus dem Wohnzimmer wegräumen und in einem der Kinderzimmer zwischenlagern. Vielleicht mache ich das auch noch. Bestimmt bin ich aber doch zu bequem.

Eine meiner früheren Chefinnen hat mich manchmal mit genervten Blick auf meine Schreibtisch als Messi bezeichnet. In der Regel war genau ein DIN A4 großes Feld vor der Tastatur frei. Oft lag da noch etwas zu Essen. Auch das war für einen Großteil meiner damaligen Kolleginnen zeitweise kaum erträglich. Meine ehemalige Lieblingskollegin musste sich einmal zu meinem Bedauern übergeben als ich morgens zum Frühstück ein Pumpernickelbrot mit Mangochutney und sehr reifem Limburger gegessen habe. Dieser Geruch und Anblick waren einfach zu viel des Guten.

Früher habe ich mich manchmal für das Chaos in meinem Umfeld geschämt. Irgendwann habe ich mir angewöhnt, Besuch, der zum ersten Mal zu mir kommt, darauf aufmerksam zu machen, dass es immer so bei mir aussieht und ich künftig nichts weiter dazu sagen werde. Seitdem bin ich um einiges entspannter und die Besucherquote ist nicht niedriger geworden.

Eine Freundin hat den Zustand meiner Wohnung, bzw. meine schlampige Haushaltsführung sehr schön zu würdigen gewusst. Wir hatten uns – nachdem wir uns einige Jahre nicht gesehen hatten - spontan verabredet und ich habe sie vorab auf mein Durcheinander vorbereitet. Sie kam, schaute sich um und sagte: Das ist das schöne bei dir. Wenn du sagst, es ist nicht aufgeräumt, dann ist es auch wirklich nicht aufgeräumt.

Über so ein schönes Kompliment habe ich mich aufrichtig gefreut. Schließlich behaupten viele Leute, dass deren Wohnung nicht aufgeräumt ist und dann liegt nur eine Zeitung auf dem Wohnzimmertisch. Wenn ich nur eine Zeitung auf dem Wohnzimmertisch liegen habe, dann bin ich stolz!!! Dann ist nämlich super aufgeräumt.

Ich glaube, meine Besucher können dadurch auch entspannter sein, wenn ich mal einen Gegenbesuch mache. Schließlich wissen alle, dass meine Wohnung garantiert schlimmer als deren Wohnung aussieht und müssen sich vor meiner Ankunft keinen Stress mit wilden Putzaktionen machen.

Trotzdem habe ich jetzt gerade einen kleinen, hausfraulichen Energieschub. Ich werde die Wäsche schnell noch in eines der Kinderzimmer umlagern. Für Herzensmann.

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