Montag, 11. Juli 2016
’’Du kochst und putzt und machst alles, und ich sitz' in meinem Sessel und finde es gut!‘‘ Helge Schneider
Eine Schwester zu haben, ist eine ziemlich tolle Sache. Eine Wissenschaftler-Schwester zu haben, steigert das Tolle am Schwester-Haben um ein Vielfaches.

Erstens ist die schlau, zweitens kann die viele Wunder des Alltags aufgrund ihres Chemiker-Studiums ganz toll erklären und zwar so, dass die Schwester mit 1 Punkt in Chemie auf dem Abizeugnis das auch versteht.

Die hat mir nämlich erklärt, dass der Zustand unseres Hauses (und aller meiner vorheriger Behausungen) aus wissenschaftlicher Sicht vollkommen normal sei. Das liegt nämlich an der Entropie.

Schönes Wort, nicht wahr?

Also, sehr vereinfacht gesagt, ist die Entropie in diesem Zusammenhang (da gibt es ganz viele von, aber das ist mir jetzt zu viel) das Maß für die Freiheit von "Dingen" sich in einem begrenzten Raum anzuordnen. Ich verstehe das also so, dass alle Dinge in unserem Haus ein großes Maß an Freiheit genießen, sich anzuordnen. Bei uns herrscht also ein sehr hoher entropischer Wert. Irgendwie war die Rede davon, dass sowieso alles dem Chaos zustrebt, also ein Naturgesetz dahinter steckt, aber nach meiner ebigen Recherche, ist das nicht so ganz korrekt ausgedrückt. Trotzdem gefällt mir das, weil ich es für mich so interpretiere: Isch kann nix für Chaos in die Bude, das machen die Dinge von ganz allein, weil viel Freiheit und nur Begrenzung von den Mauern des Hauses. Oder so.

Ja, ich weiß, sehr frei interpretiert das Ganze, aber ich dreh manchmal gern an tollen Bedeutungen so lange herum, bis sie mir auch nur ein kleines bißchen in den Kram passen und schwupp, bin ich raus aus der Nummer - in diesem Fall die Nummer "ordentlich werden".

So. Jetzt kommt der Knaller: Ich bin meinem Mann auf die Schliche gekommen.

Natürlich habe ich ihm damals voller Freude diese wunderbare Neuigkeit aus Camp Mustermann präsentiert. Natürlich hat er wie üblich vollkommen entspannt darauf reagiert. Natürlich habe ich mir dabei erst mal nichts gedacht. Bis zum letzten Wochenende.

Da war die Herrscherin aus Camp Mustergültig nämlich auf Staatsbesuch im deutsch-niederländisch regierten Camp Mustermann, um die innercamplichen Beziehungen zu pflegen, die Entwicklung der Thronfolgerin, Prinzessin Rambonetta, zu bestaunen und sich daran zu erfreuen.

Jedenfalls war unter anderem Thema die Unordnung, die auch im Camp Mustermann herrscht, weil dort meine Schwester ihr Unwesen treibt. Der Schwager sieht darin den Beweis, dass der Grund für das Chaos, mit dem wir uns umgeben, auf genetischer Ebene zu finden ist. Netterweise ist er ähnlich entspannt, wie mein Mannn.

Diese (hinterhältige) Entspanntheit wäre mir aber fast zum Verhängnis geworden. Diese Erleuchtung kam mir während meines Besuchs bei den Wissenschaftlern mit einem wenig Abstand von zu Hause. In der Woche vor dem Wochenende hatte ich nämlich Anwandlungen von Aufräum-Bedürfnis bei mir bemerkt. Ich glaube, genau darauf hat mein Mann spekuliert. Der hat sich nämlich bestimmt gedacht, dass er nur lange genug warten muss, irgendwann hat er mich mit seiner Geduld geschlagen, meine Schmerzgrenze ist erreicht und ich räume auf.

Nicht gerechnet hat er mit der Cleverness seines Frauchens. Die hat das Spielchen durchschaut. Ha!

Das sag ich ihm aber nicht. Ich werf ihm einfach ein Leckerchen in Form von aufgeräumter, entstaubter, mit Möbel-Politur behandelter Buffet-Fläche vor. Dann kann er für sich einen Erfolg verzeichnen, sich in Sicherheit wiegen und ich mache einfach weiter, wie immer: den Dingen Raum zum freien Anordnen geben.

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