Samstag, 9. März 2019
Moppelmops
Manche Menschen hängen ein Foto, auf dem sie mal schlank waren, an den Kühlschrank, um abzunehmen. Im guten Glauben, dass das ein Ansporn für die Selbstbeherrschung sein könnte.

Bei mir ist das umgekehrt. Es gibt ein Bild von mir aus einer Zeit, in der es mir unglaublich schlecht ging. Frisch ausgezogen aus der Wohnung von Prachtexemplars Papa, total gestresst, allein mit zwei kleinen Jungs, immer unter Strom vor lauter Krampf an tausend Fronten.

Abgemagert, ausgezehrt, in einer Hose, in die ich schon lange nicht mehr reinkommen würde - damals konnte ich sie mir im geschlossenen Zustand über den nicht mehr vorhandenen Arsch ziehen. Die Möpper nur noch traurige Teebeutel, Magengeschwüre, Schlafstörungen, alles, was das Herz nicht will:



Ganz selten bin ich etwas traurig, weil ich irgendwelche geliebten Kleider zu sehr ausfülle. In solchen Momenten denke ich an dieses gruselige Bild von mir und fühle sofort wieder, wie ich mich damals gefühlt habe.

Dann komme ich ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen. Da will ich nie wieder hin. Eine Kleidergröße ist nichts anderes als eine mehr oder weniger aussagekräftige Zahl.

Seit Ende 2012 war ich nicht mehr auf der Waage, habe keine Ahnung, was ich wiege. Früher hätte mich das nervös gemacht.

Vor bald sechs Jahren bin ich dem Mann begegnet. Der weiß, dass ich bei Stress und Unglück sofort das Essen einstelle und abmagere. Er freut sich, wenn Frauchen isst, schließlich ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass es mir gut geht.

Ergebnis: Nicht mehr Größe XS oder 34 sondern eine gemütliche 38. Und? Ist die Welt untergegangen? Nö.

Ich bin gesund, mitten in den Wechseljahren mit allen dazugehörigen Wehwehchen, nicht mehr stramm, sondern etwas faltig, silberne Strähnen auf dem Kopf und rundum glücklich. Mein Glücksspeck macht, dass ich immer gut gepolstert irgendwo sitzen kann. Es gibt also wirklich wichtigere Dinge, über die man sich aufregen kann.

Nur an einer Sache will ich noch etwas arbeiten: Dem Mann beibringen, dass das Füttern der Frau nicht automatisch bewirkt, dass sie glücklich ist. So einfach geht das leider nicht. Ich bin aber optimistisch, dass er das noch lernt. Ist ja schließlich ein Cleverle, mein Süßer.

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