Als wir unser Haus zum ersten Mal gesehen haben, war es für uns beide Liebe auf den ersten Blick. Ich wollte ja noch dem Mann zuliebe vernünftig sein und "eine Nacht drüber schlafen", aber der hat sofort zugesagt und mich im selben Atemzug zum Mähen des 1000 m²-Grundstücks verdonnert.
Die Tatsache, dass das ein einseitiger Vertrag ist und damit nicht zustande gekommen, hat ihn kein bißchen gestört.
Ich habe noch versucht, einen Esel, wahlweise ein paar Schafe oder wenigstens Hühner oder Laufenten rauszuschlagen, aber in seinem Vertrag wurde - ebenfalls einseitig! - ausschließlich mechanisches Mähwerkzeug festgelegt.
Also hab ich mich gefügt (ich will ja für andere Gelegenheiten noch was in der Hinterhand haben) und eben unser super Hightec-Rasenmäh-Ding getestet und (zähneknirschend) für gut befunden.
Währenddessen saß der Mann johlend mit Bierflasche in der Hand auf der Bank und hat Beweisfotos und Filme gemacht, die er morgen dann seinen Kollegen vorführen wird:
Man beachte den "XXL-Po" (Zitat Prachtexemplar) und die grellweißen Waden mit Leuchtfunktion.
Ich bin immer wieder selbst von meiner Kompaktheit beeindruckt, wenn ich mich mal auf einem Foto sehe. Eine echte, robuste Landfrau mit Muckis und strammem Gangwerk - kein Wunder, dass der Mann mich mähen lassen will.
Dafür übernimmt er ja schließlich auch die Jagd. Die Spinnen in unserem Haus habe ich alle schon von seiner Liste gestrichen. Die stehen unter meinem besonderen Schutz.
Bei den Kleidermotten, die wir aus irgendeinem unserer ehemaligen Keller importiert haben, verstehe ich dagegen auch keinen Spaß. An denen darf er sich auslassen.
Diese Woche haben wir den ersten Erfolg verzeichnet. Der Mann hat den Karton gefunden, in dem die Viecher anscheinend ihr Hauptquartier haben. Er ist nur mit dem Fuß dagegen gestoßen und schon kam eine Mottenwolke rausgeflattert.
Er war empört und hat mich mit seinem Kommentar zu dieser entzückenden Überschrift inspiriert, die ich zwar ungeschickt, aber unbeirrt - wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - mit meinem Rasenmähertestbericht verknüpft habe.
Das Zusammenlegen von zwei Haushalten ist - gewürzt mit genügend Humor - eine lustige Angelegenheit.
In harten Verhandlungen haben wir unsere Küchenausstattung halbiert. Bei einigen Dingen konnte ich erreichen, dass ihnen noch eine Weile Asyl gewährt wird.
Für mich als Sammler ist das echt hart. Ich habe dafür gearbeitet und jetzt soll ich was davon hergeben. Das geht doch nicht!
Außerdem kann man die Dinge ja doch meistens irgendwann nochmal gebrauchen.
Davon wollte der Mann nichts wissen. Auch nicht als es um zwei gleiche Kochtöpfe ging: einen aus Camp Hilde und einen aus Camp Männerhort. Ich hab dann nachgegeben und noch nicht einmal eine Woche später ist der Deckel von dem Topf, der überleben durfte, kaputt. Jetzt suchen wir nach dem Karton, mit den aussortierten Küchenutensilien. Höhö.
Ganz besondere Schätze habe ich in den Kisten vom Mann gefunden. Gruselige Jeans, die er - als angeblicher Nicht-Sammler - seit Ende der 80er mitschleppt. Dazu Oberteile im selben Stil, mit denen er sich nicht mehr in die Öffentlichkeit trauen kann, ohne einer heftigen Midlife-Crisis verdächtigt zu werden.
Von diesen Modesünden hab ich jetzt leider kein Foto und für mich anziehen will der Mann das Zeug auch nicht, nachdem ich so lachen musste, als ich es gesehen habe.
Dafür gibt es zum Schluss ein Foto von dieser wunderbaren Bettwäsche:
Dieser Kracher bringt doch Schwung ins Liebesleben.
Ich habe sie bei ebay eingestellt und wir haben gewettet. Der Mann meint, dass ich die niemals loswerde. Ich dagegen bin sicher, dass die weggeht.
Stand der Auktion nach 5 Stunden: 3 Aufrufe und 1 Beobachter. Restzeit noch fast eine Woche.
Wenn man in den letzten Tagen ein etwas verlottertes Pärchen mit müden Augen und verdreckten Klamotten durch diverse Baumärkte hat schwanken sehen - das waren der Mann und ich.
Im Endspurt der Hausrenovierung und gleichzeitiger Ausmistung, Verpackung und Zusammenlegung von zwei Haushalten war uns alles egal. Morgens in irgendwelche Klamotten reingestiegen und abends gerade noch so wieder rausgekommen bevor wir ins Bett gefallen sind. Einschlafen ging bei mir vor lauter Schmerzen in den Füßen nur schlecht, mehr als 3 Stunden Schlaf pro Nacht waren die Ausnahme.
An einem Abend war ich irgendwann so entkräftet, dass ich am Öffnen eines Kartons gescheitert bin, weil ich meine Finger nicht mehr richtig bewegen konnte. Nachdem ich deswegen fast in Tränen ausgebrochen bin, habe ich mal zumindest an diesem Tag einfach alles hingeschmissen und bin heimgefahren.
Duschen war eine unwichtige Nebensache. Immerhin Zähneputzen war noch drin. Ich glaube, das letzte Mal bin ich vor über 30 Jahren so versifft auf irgendwelchen Festivals in den Niederlanden herumgerannt. Nur war ich damals ziemlich vergnügt und angeschickert und fand das super.
Und dann, so nach und nach, hat man die ersten Erfolge gesehen: aus Matrazenlagern wurden Betten, dann gab es einen Tisch, an dem wir essen konnten und irgendwann lagen auch in fast allen Zimmern Bodenbeläge.
Am ersten Tag nach Einzug war unser Wohnzimmer noch ohne Boden, weder gestrichen noch fertig eingerichtet und sah im Rundumblick so aus:
Dafür habe ich mich immer wieder mal an unserem wunderbar verwilderten Garten erfreut:
Und Madame Lilli hat das Chaos nach Katzenart einfach verschlafen:
