Genuss und Ekel
Genuss ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Genusssteigerung noch viel individueller.
Bescheiden, wie ich bin (hach ja - so bescheiden) genügt mir ein Pott Kaffee in genau der richtigen Stärke mit der perfekten Dosis Biomilch (3,8 %). Das ganze morgens im Bett ohne Zeitdruck. Die Steigerung ist entweder: Kinder schlafen noch, ich muss weder reden noch Legobauten beurteilen oder Kinder sind bei den Erzeugern und Herzensmann ist da.
Teenie-Ding dagegen stopft sich voll mit Tacco-Chips und Mezzo-Mix. Diesen Mist kauft er sich von seinem Taschengeld. Das muss ich jetzt mal zu meiner Ehrenrettung erwähnen. Gleichzeitig gebe ich kleinmütig zu: Ich kaufe mir auch Chips, Taccos oder ähnliches. Jedoch nur heimlich an den kinderfreien Wochenenden und nehme mir für den Tag eine ganze Tüte als Hauptmahlzeit vor. So macht sich das nicht auf der Waage bemerkbar und ich bin, was Fett, Salz, Geschmacksverstärker betrifft, erst mal wieder für eine Weile befriedigt.
Der bärtige Bing ist ebenfalls ein Genießer. Vor kurzem hab ich ihn gemütlich neben Katerli liegend in meinem Bett erwischt. Zur Steigerung seines Genusses hatte er noch einen alten, stinkigen Chuck von mir mitgenommen. Er konnte gar nicht nachvollziehen, warum ich weder ihn noch Schuhe noch die Kombination aus beidem in meinem Bett haben möchte und er umgehend rausgeschmissen wurde. Ansonsten liebt er die üblichen Ekelsachen, mit denen Hunde ihr Leben bereichern: wälzen in verrotteten Pflanzen- und Tierresten am Wegrand. Geschenke wie Kuheuterstücke, Schweineohren, Ochsenziemer, Pferdesehnen nimmt er immer gerne an.
Die Miezen bevorzugen selbst erjagte Beute. Hier findet die Genusssteigerung in Form von ausdauernder Quälerei des Opfers bis zu dessen Tod statt.
Wenn man in Camp Hilde lebt, darf man nicht zimperlich sein und sollte einen stabilen Magen haben. Irgendeiner meiner pelzigen Mitbewohner hat in dieser Woche ein Kotz-/Durchfall-Massaker auf meinem Balkon veranstaltet. Da hilft nur Augen zu und Eimer Wasser drüber. Bäh. Eklig, aber ist nunmal so. Glücklicherweise war ich schneller als Hund. Der wollte nämlich zu gerne selbst für die Entsorgung der Kombination aus Katzenfutter-Mauspelz-Bröckchen sorgen.
Ein weiterer fragwürdiger Genuss sind die furchtbaren Geräusche, mit denen Nintendo-Spiele vertont sind. Dieses Gefiepe, Geplinge, Gezimpere, Gedudel mit den Gruselmelodien macht mich aggressiv, aggressiver, wutschnaubend. Eine Situation gibt es jedoch, in denen die Jungs nach Herzenslust laut mit den Dingern daddeln dürfen: Wenn wir zu meiner Schwester fahren. Das ist eine Strecke von 400 km. Wenn ich müde werde, heißt es: Ton an! Und schwups, fährt mein Adrenalinspiegel in ungeahnte Höhen, die Augen gehen wieder auf und Werwölfchen übernimmt den Rest der Fahrt.
veilchenpastille am 27. April 12
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