Wahrnehmungs-Check
Eben waren meine Krümel und ich schwimmen. Endlich haben wir uns mal wieder die Zeit genommen, etwas zusammen zu machen. Und dank Karneval war es auch nicht so überfüllt, wie an normalen Samstag Nachmittagen.

Wir haben hier kein besonders üppig ausgestattetes Schwimmbad, es gibt also keine Rutschen, keinen Strudel und keine Wasserfälle. Aber dafür haben wir immerhin drei Becken, ein paar Sprungbretter und es ist hell, sauber und freundlich. Uns dreien genügt das voll und ganz.

Im Schwimmbad wird jedes Mal mein Blick für die Realität zurecht gerückt. Wenn ich mir einbilde, dass ich eine verkorkste Figur habe (mit meinem Reithosenspeck, den dicken Waden, den sehr stabilen Fesseln, dem Popo mit einer Kleidergröße mehr als der Taille), dann muss ich eigentlich nur ins Schwimmbad gehen.

Abgesehen davon, dass ich heute - unabhängig vom Gewicht - mehr gut gebaute Frauen als Männer gesehen habe, fällt besonders das Selbstbewusstsein dieser Durchschnittstypen auf. Kein einziger hat versucht, seinen Bauch zu verstecken. Geht ja auch schlecht in Badehose, aber trotzdem.

So ziemlich jeder Mann wirkt, als wäre er vollkommen zufrieden mit sich und seiner - im seltensten Fall wirklich guten - Figur. Ist ja auch schließlich teuer gewesen, der Bauch - höhö ... Der Pelz auf dem Rücken hält warm, die grauen Strähnen wirken reif und erfahren, die angehende Halbglatze wird selbstbewusst zur Schau gestellt, als wäre Mann Bruce Willis.

Und jetzt bin ich wieder an dem Punkt, dass heute tatsächlich wesentlich mehr hübsche, gut gebaute Frauen, die aussahen, als würden sie auf sich achten, da waren. Nur sind die komischerweise nicht herumstolziert und haben ihre dicken Popos und / oder kleinen kuschligen Bäuche (nach ein paar Schwangerschaften schließlich vollkommen normal) zur Schau gestellt. Die meisten haben sich, sobald sie das Wasser verlassen haben, in ein Handtuch gewickelt und in eine Ecke verzogen. Statt sich auf's Bäuchlein zu klopfen und zu sagen: Super mein Bauch. Den hab ich durch meine Schwangerschaften. Guckt euch mal meine tollen Kinder an. Die sind da drin gewachsen. Und mein dicker Popo fühlt sich echt kuschlig an. Auf den bin ich ganz besonders stolz.

Komisch ist das. Sehr befremdlich. Jedenfalls bin ich nach Hause gefahren mit dem Bewusstsein, dass ich keinen Grund habe, mich über meine - für 42 Jahre und nach zwei Schwangerschaften - ganz o.k. Figur aufzuregen. Hat aber bei mir auch ziemlich lange gedauert, bis ich dahin gekommen bin. Und was die Realitätszurechtrückung auch unterstützt hat, ist die Haarfärbe- und Gewichtskontrollverweigerung.

Da fällt mir noch ein Kompliment ein, dass Prachtexemplar Nr. 2 mir vor einiger Zeit mal gemacht hat. Wir liefen uns morgens kurz nach dem Aufwachen im Flur über den Weg. Ich war noch verstrubbelt, zerknautscht und ziemlich verlottert gekleidet und das Kind sagt zu mir: Mama, du bist viel schöner als ein Top-Model. Und während ich mich noch über meinen süßen Sohn freue, gibt er mir sofort (unbeabsichtigt) den Dämpfer: Ja wieso, die sind ja auch hässlich.
Danke, danke.

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