Auf der Suche nach der goldenen Mitte
Seit meine Kinder in die Schule gehen, habe ich mich manches Mal über das teilweise nicht nachvollziehbare Verhalten von Lehrern gewundert. Selten hat es mich so wütend gemacht, dass ich ein Gespräch für erforderlich hielt. Ich glaube aber, dass ich jetzt so weit bin.
Prachtexemplar Nr. 2 ist ein quirliges kleines Kerlchen. Er babbelt und zappelt meistens ziemlich vergnügt in der Gegend herum, ist aufgeschlossen und verträgt sich so ziemlich mit jedem. Wen er doof findet, dem geht er aus dem Weg. Find ich alles total o.k. Bis jetzt gab es auch nie negative Rückmeldungen. Weder von Lehrern noch von Erziehern.
Seit er im 5. Schuljahr ist, hat er eine Englischlehrerin, mit der er nicht klar kommt bzw. sie kommt nicht mit ihm klar. Ich bin der Meinung, dass man nicht jeden Mitmenschen lieben muss und man in solchen Fällen einfach einen vernünftigen Weg finden muss, miteinander zu arbeiten. Kommt im Berufsleben ja auch oft genug vor. Das habe ich Prachtexemplar Nr. 2 erklärt, er hat es verstanden. Bei seiner Lehrerin bin ich mir da nicht so sicher. Ich bin davon ausgegangen, dass sie so etwas von alleine weiß. Sie ist ja schließlich schon groß.
Das bewahrt Prachtexemplar Nr. 2 aber nicht davor, von ihr in die ADHS-Schublade gesteckt zu werden. Sie hat ihn selbst darauf angesprochen und beim Elternsprechtag mich. Allein die Tatsache, dass sie zuerst das Kind danach fragt, finde ich schon unverschämt. Dass sie - nachdem ich ihr auf dem Elternsprechtag erklärt habe, dass mein Kind einfach so ist - trotzdem noch einmal die Klassenlehrerin fragen muss, ob er nicht vielleicht doch ADHS habe, halte ich für eine bodenlose Frechheit.
Nun kompensiert sie ihre Unfähigkeit im Umgang mit meinem Kind mit Strafarbeiten. Ich könnte kotzen.
Da wird wohl bald mal wieder ein Gespräch fällig und vielleicht werde ich mich bei ihr erkundigen, ob sie eventuell autistische Züge habe ...
Mit Teenie-Ding hatte ich übrigens das gegenteilige Problem. Seine Klassenlehrerin in der Grundschule rief mich an und fragte, ob er mit Medikamenten ruhig gestellt werde. Er sei so extrem still. Ja! Das Kind ist so, aber wenn man ihn in Ruhe lässt, dann kommt er von alleine auf einen zu. Und wenn er merkt, dass er angenommen wird, wie er ist, dann zeigt er auch seinen schön schrägen Humor, seine verschroben charmante Art und wie wahnsinnig intelligent und gebildet er ist. Aber sie hat es leider nicht zugelassen.
Warum ist das heute so? Müssen die Lehrer hinter jedem Charakterzug, der nicht Durchschnitt ist, sofort eine Krankheit vermuten? Ich finde es gut, wenn die Kinder aufmerksamer beobachtet werden. Es ist auch gut, wenn die Lehrer die Eltern ansprechen, wenn Sie mit einer Wahrnehmung unsicher sind. Aber genügt nicht ein einziges "Nein"?
besonders "interessant" finde ich ja, dass die frau lehrerin das kind und die klassenlehrerin nach medizinischen diagnosen, die sie selbst in den raum stellt, fragt.
hat die dame vielleicht medizin, fachgebiet psychiatrie, studiert, und das ius practicandi? ansonsten wäre eine derartige frage nämlich aber so was von einer frechheit. die klassenlehrerin ist vermutlich ebenfalls nicht entsprechend vorgebildet, und nein, auch wenn eine der damen biologie studiert hat ist das KEINE fachliche ausbildung.
im übrigen handelte es sich ja bei adhs um keine meldepflichtige infektionskrankheit.
edit: sie können ja zurückschlagen, indem sie sich alles ganz genau erklären lassen wie das so ist mit adhs, und den anzeichen und gefahren und so weiter, und dann fragen sie ihr solange ein loch in den bauch bis sie selber draufkommt dass sie sich gerade zu weit aus dem fenster gelehnt hat. ordentlich vorbereiten und mit fachvokabular herumwerfen nicht vergessen, und notizen machen für den facharzt, weil mit dem ja rücksprache gehalten werden muss von der besorgten mutter, und ob denn der facharzt, so einen fall soll es ja im bekanntenkreis schon gegeben haben, auch rücksprache mit der lehrerin halten darf, wegen der fachlichen kompetenz auch. hossa: da können sie ein wenig frust abreagieren, und vielleicht bremst sich die dame in zukunft ja ein wenig ein.
Die Idee find ich super. Ich werd es bei Gelegenheit testen und berichten.
es ist viel einfacher ein etikett draufzupappen ("krank") als sich mit dem einzelfall zu beschäftigen. lehrer haben zugegebenermassen einen wirklich harten job; dämlich ist es trotzdem.
außerdem verdient die pharmaindustrie schönes geld an diesen "krankheiten".
Das beobachte ich schon lang, die "Pathologisierung des Alltags". Schubladen vereinfachen das Leben ... Meistens wäre aber die Frage: wie ist das Kind? sinnvoller als: was hat es?
Oh, diese Probleme stehen mir erst noch bevor. Mein Großer kommt in 14 Tagen in die Schule. Bisher bin ich der Meinung, dass die Lehrer alle ok sind. Aber ob das so bleibt?
Vor Jahren war eine gute Freundin von mir Erzieherin. Auch sie hat in jedem Kind eine Krankheit erkannt, in fast jeder Familie häusliche Gewalt entdeckt. Ich habe dieses Verhalten mehrfach kritisiert - seither sind wir keine Freundinnen mehr.
Keine Angst, es gibt - genauso wie zu unserer Zeit - viele gute und einige nicht so tolle Lehrer. Ich glaube, es hängt zum großen Teil auch davon ab, wie man selbst damit umgeht. In unserem Fall hat die im Aufsatz beschriebene Lehrerin einfach die Grenze überschritten.
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