Blinde Kuh
Manches war in der Kindheit doch ganz nett. Zum Beispiel Kindergeburtstage. Die besten Freundinnen durften kommen und wenn man nur einen Jungen einladen wollte, dann musste immer ein zweiter dazu, damit die beiden sich mit den vielen Weibern nicht alleine gefühlt haben.
Dann gab es Unmengen Kuchen, Süßigkeiten, Pommes und Würstchen, Eis und Kinderbowle. Immer hat mindestens ein Kind geheult und / oder gekotzt.
Wir haben ohne elterliche Aufsicht miteinander gespielt und abends gab es noch eine kleine Mitgebseltüte mit noch mehr Süßigkeiten, damit einem spätestens nach deren Verzehr vor Überzuckerung schlecht wurde.
Es war relativ egal, ob da ein oder zwei Kinder dabei waren, die sich nicht so gut kannten oder verstanden. Entweder das blieb so oder solche Gelegenheiten wurden zum Grundstein neuer Freundschaften.
Absagen ist unhöflich. Egal, ob der rothaarige Marco oder die allwissende Streber-Carmen auch da sind. Da muss Kind durch. Und am Ende war es meistens gar nicht so schlimm.
Jetzt gibt es keine Eltern mehr, die die Einladungsliste überarbeiten oder von denen man trotz Protest zu den Partys hingebracht wird.
Ich bin erwachsen und muss muss nun selbst entscheiden, ob ich stark genug bin, eine Einladung von einer geliebten Freundin anzunehmen in dem Wissen, dass evtl. eine andere einst gemeinsame Freundin, der ich mal sehr sehr nah stand, da sein könnte.
Ich weiß nicht, ob ich das aushalten kann. Eher nicht. Unsere gemeinsame Vergangenheit und das blöde Ende gehen mir noch zu nah.
Absagen, weil eine andere kommt? Früher unmöglich, jetzt eine schwierige Entscheidung. Ich glaub, ich werd mal mit der Gastgeberin telefonieren. Reden hilft bestimmt.
veilchenpastille am 25. August 14
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Wonderwall
Als ich den Mann zum ersten Mal bewusst gesehen habe, hab ich nur gedacht: Das ist er also. Und dann hab ich den ganzen Abend beobachtet und geguckt und heimlich hingeschielt und zugehört und fast nichts mit ihm geredet.
Nach diesem Abend hab ich meine Freundin angerufen und nur ein Wort gesagt: Ja.
Mehr ging nicht, weil einfach alles klar war. Keine weiteren Fragen mehr.
Ich habe mir immer einen Mann gewünscht, der sich auch mal um mich kümmert und einfach da ist für mich. Genau so, wie es für mich immer selbstverständlich war. Bekommen hab ich das fast nie oder nicht in der Dosierung, die ich jeweils gebraucht hätte. Teilweise kann ich heute nur noch den Kopf schütteln, wenn ich daran denke, wie doof ich manchmal war. Mich abgestrampelt und alles hergegeben habe, was ging. Wurde auch meistens gerne angenommen, aber zurück kam selten etwas oder nicht das von mir benötigte.
So. Jetzt ist er da. DER MANN. Und ich? Ich kann schlecht damit umgehen, dass er genau das alles für mich tut, was ich mir immer gewünscht habe.
Er bekommt ziemlich schnell und zuverlässig heraus, wenn bei mir das Geld knapp wird. Das passiert manchmal und bis jetzt hab ich solche Situationen immer ganz alleine gemeistert. Jetzt gehe ich mit dem Mann einkaufen und er bezahlt die kompletten Einkäufe. Gestern hat er mich in Schuhgeschäfte geschleppt und wollte mir Schuhe kaufen. Davon träumen, das behaupte ich jetzt einfach mal, so einige Frauen. Zum Glück habe ich nichts gefunden, was mir gefallen hat, sonst hätte ich nicht mehr schlafen können. Sogar das Futter für meine Hunde bezahlt er, den größten Teil vom Urlaub, Teenie-Ding eine sauteure Hose, die er jetzt anziehen muss, bis sie auseinanderfällt. Und und und.
Ich finde das unglaublich süß und ich erwarte das nicht von dem Mann und ich könnte ihn jedes Mal knutschen, weil er das so selbstverständlich einfach macht. Umgekehrt würde ich das schließlich genauso tun.
Und trotzdem ist mir das immer peinlich. Ich hab dann Bauchschmerzen, winde mich wie ein Regenwurm und würde mich am liebsten ganz schnell irgendwo verkriechen.
Annehmen ist für mich ganz schwierig. Hergeben kein Problem. Ist das eine Folge von 15 Jahren Alleinerziehend sein? Oder vielleicht sogar eine Folge von sowieso irgendwie immer auf mich selbst gestellt sein (mangels fähiger Eltern)?
Wie schafft man das, sich zu entspannen, wenn sich plötzlich jemand kümmert? Gute Tips nehme ich gerne an.
Bis dahin übe ich mich im Genießen.
veilchenpastille am 23. August 14
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Don't panic
Camp Hilde meldet sich zurück aus dem gemeinsamen Urlaub mit Camp Männerhort.
Viele neue Erkenntnisse habe ich gewonnen, unter anderem, dass es manchmal doch ziemlich gut ist, wenn man in der Schule aufpasst oder alternativ sich beim Suchen und Buchen eines Ferienhauses Zeit lässt.
Und das kam so:
Kurz vor Beginn der Hauptsaison schwirrte der Wunsch nach Urlaub in meinem Kopf herum. Ich sah mich schon gemeinsam mit dem Mann gemütlich am Strand liegen. Auf einem Handtuch, bei Sonnenschein in Badesachen, umringt von glücklich buddelnden Kindern und fröhlichen Hunden, Blick auf's Meer, knutschen, kuscheln und entspannen. Hach so schön sah das aus.
Habe ich schonmal erwähnt, dass ich eine super Vorstellungskraft habe? Meistens ist das ziemlich hilfreich. Manchmal leitet mich diese Vorstellungskraft gepaart mit Entscheidungsfreude und der typisch wirren Hektik, die ich gerne mal an den Tag lege, aber auch in Sackgassen.
Dieses Mal hieß die Sackgasse Ostfriesland.
Hätte ich in der Schule besser aufgepasst, wäre mir bekannt gewesen, dass hier kaum Sandstrände zu finden sind. Hätte ich mir bei der Suche nach einem passenden Ferienhaus mehr Zeit gelassen, wäre mir spätestens dann aufgfallen, dass hier meine Vorstellung absolut nichts mit der Realität zu tun hat.
Wäre ich ein pessimistischer Mensch, hätte ich eine Horrorwoche hinter mir. Glücklicherweise bin ich das nicht, sondern finde immer noch etwas positives, meistens viel.
Die Situation vor Ort war - keine Überraschung - weit entfernt von meinem Urlaubswunschbild:
Regen, Temperaturen deutlich unter 20 °C und kein Sandstrand weit und breit.
Wenn es etwas strandähnliches gab, dann war das Betreten mit Hunden verboten.
An dieser Stelle muss ich unbedingt erwähnen, dass manche Touristik-Büros ebenfalls eine starke Vorstellungskraft haben: Meine Bilder im Kopf wurden nämlich gefüttert von passgenauen Bildern auf homepages diverser ostfriesischer Städte. Beides war weit entfernt von den tatsächlichen Gegebenheiten. Das Thema "Hundestrand" ist ein wunderbares Beispiel für die Diskrepanzen zwischen dem, was angepriesen wird und dem was dann tatsächlich da ist.
Nun gut, also weiter mit meinen super Erkenntnissen. Unter anderem muss ich Douglas Adams beipflichten. Ein Handtuch ist eine essentielles Reiseaccessoire, dass man immer dabei haben sollte. Dieser Urlaub war nicht das erste Mal, dass ich mich an diese Weisheit erinnert und geschworen habe, beim nächsten Mal daran zu denken. Wieder nicht daran gedacht, aber beim nächsten Mal ...
Wir haben uns jedoch nicht abschrecken lassen. Jeden Tag haben wir auf's Neue dem Wetter getrotzt und unbeirrt Ausflüge gemacht. Wir sind Schiffchen gefahren, waren schwimmen im Erlebnisbad, haben die typischen Touristenfotos von hübschen alten Häuschen gemacht und waren Cart fahren.
Auf Wunsch der beiden Mini-Teenies und des Mannes bin ich auch eine Runde gefahren. Bei dieser Lektion habe ich erfahren, dass ich von der Körperlänge ganz wunderbar in ein Kindercart passe. Jedoch hat mir meine Popogröße einen Strich durch die Rechnung gemacht, so dass ich letztendlich auf einem sicher eigentlich für dicke Kinder bestimmten Kindercartmodell mit trekkergroßem Sitz gelandet bin. Nachdem mich der freundliche Streckenposten aus dem anderen Modell, in dem ich bei der ersten Anprobe stecken geblieben bin, befreit hat.
Natürlich habe ich mich davon nicht beirren lassen. Nach kurzer Zeit hatte ich mit voll durchgetretenem Gaspedal die wahnsinnige Höchstgeschwindigkeit im Bereich zwischen 15 und 25 km/h erreicht. Mein Highlight war der Moment in dem ich mit irrem Triumphgekreische und dem dazu passenden Blick an Prachtexemplar Nr. 2 vorbei gebraust bin. Nur um kurz danach zu beobachten, dass der Streckenposten das Kind herausgewunken hat, weil mit dessen Cart irgendetwas nicht in Ordnung war und es deswegen nicht mit voller Geschwindigkeit fahren konnte. So schnell landet man wieder auf dem Boden der Tatsachen. Trotzdem. Die Sekunden, in denen ich mich im Gewinnergefühl gesuhlt habe, kann mir keiner nehmen. So.
Die Erkenntnis, die ich am meisten genossen habe, war aber diese hier: Wenn eine Konstellation wie unsere - zwei Alleinerziehende mit vier Jungs im Alter zwischen 11 und 18 Jahren - eine Woche lang bei Dauerregen und ununterbrochen aufeinander Geglucke funktioniert, ohne dass Dauerunmut aufkommt, dann sehe ich das als Hinweis darauf, dass wir auch den Alltag in gewohnter Umgebung irgendwann in einem gemeinsamen Haushalt meistern können. Und das finde ich schön.
veilchenpastille am 21. August 14
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