Ich mag unser niederländisches Nachbarland.
Das Tempo auf den Autobahnen kommt mir sehr entgegen, die malerische Sprache entzückt mich immer wieder mit genialen Wörtern und dann gibt es noch kulinarische Perversitäten, von denen wir uns hier was abschauen sollten.
Ab und zu pflegen der Mann und ich unsere wilde Ehe, indem wir ohne Anhang für ein paar Tage wegfahren. Ohne Anhang bedeutet auch, dass ich auf meine Hunde verzichte und die beiden in eine Hundepension gebe.
Große Überwindung kostet mich das, aber die Liebe zum Mann macht's möglich.
Dieses Jahr wurde die Aktion "Ehepflege" sehr kurzfristig anberaumt, so dass wir nicht mehr viel Hotelauswahl hatten. An den Strand wollte ich, nicht so weit weg und nur das letzte Wochenende war machbar. Also sind wir in einem 4-Sterne-Schuppen in Noordwijk aan Zee gelandet.
Das Hotel war wirklich schick, gar nicht unsere Preisklasse. Trotzdem haben wir uns über das gigantische Bett, die kuschlige Riesenbettdecke für mindestens 5 Personen und die superduperhightech Dusche mit Dampf, Lightshow und Eukalyptus-Aroma (das fies in den Augen brennt) gefreut. Lecker Frühstück gab es und zum Strand waren nur ein paar Meter zu laufen.
Nach der Ankunft haben wir uns erstmal einen Überblick verschafft. Der Ort: eher unspektakulär. Der Strand: ooooohhhh, einfach toll.
Auf der Suche nach einem Zwischensnack habe ich das pure Glück gefunden: Slush mit Softeis. Also beides gleichzeitig, aufeinander gestapelt, in einem Becher. Ich liebe Slush und ich liebe Softeis. Beides zusammen war kaum auszuhalten.
Sorgt Mann dafür, dass ich im richtigen Moment das richtige Futter bekomme, dann macht mich das friedlich und kompromissbereit. Nach dem Verzehr dieses Highlights bin ich im willig in den Mc D. gefolgt und habe dort die nächste Perversität gefunden: Mc Krokett. Das musste ich natürlich ausprobieren. Geschmack und Konsistenz waren wie erwartet fettig, salzig, labberig. Warnen kann ich nur davor, einen Blick darauf zu werfen, nachdem man hineingebissen hat. Das halten nur ganz hartgesottene Survival-Spezialisten mit stabilem Magen aus. Ich hab es getan und kann nur sagen: Selber schuld, wer sich nach dem Lesen dieses Aufsatzes, den Appetit verdirbt.
Ich hab dieses niederländische Geschmackswunder trotzdem aufgegessen und lebe noch, aber mein Magen hält auch einen ganze Menge aus.
Was gab es noch? Ach ja, der Strand: wirklich toll. So wie ich es im letzten Jahr bei unserem Urlaub gerne gehabt hätte. Lang und weit und hundefreundlich. Hundefreundlich. Mensch mit Hunden. Freilaufende Hund. Fröhlich miteinander spielende Menschen mit Hunden. Und ich? Keine Hunde dabei. Pelzentzug, bubu.
Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht eine Idee hätte, um das zu kompensieren: Auf der Suche nach einer Möglichkeit, Pelze zu streicheln sind wir im Zoo Rotterdam gelandet. Mein Plan war, den dortigen Streichelzoo mit Ziegen und ähnlichem zu finden und dort meinen Entzug zu kompensieren. Fast 6 Stunden haben wir uns dort aufgehalten und kein einziges Streichelgehege gab es. Dafür alle möglichen Tierchen, die meiner Meinung nach überhaupt nichts im Zoo zu suchen haben und nur von mir bemitleidet wurden: Eisbären, Wölfe, Giraffen, Elefanten, Raubkatzen, ... und trotz Ankündigung keine Zebras. Die Erdmännchen schienen ganz glücklich zu sein und ein paar Enten. Ansonsten hat sich wieder meine Meinung zu Zoos bestätigt, auch wenn all diese Tiere wunderschön anzuschauen sind, aber leider leider habe ich nicht die Macht to conquer the world, give all the idiots a brand new religion ....
Immer noch auf dem Bubu-Trip hat mich dann eine SMS der Hundepension aufgeheitert: Meine Babys fühlen sich wohl, werden viel geknuddelt und haben Spaß und ich möge bitte erst Sonntag um 19 Uhr zur Abholung kommen, weil sie noch nachmittags lange im Wald laufen wollen.
Das hat den Rest vom Tag gerettet. Frauchen konnte wieder lachen, essen und hatte Lust am Strand zu laufen und Schaukeln gab es auch. Auf dem Rückweg zum Hotel haben wir einen Supermarkt gefunden, in dem die Einheimischen einkaufen. Ich war im Paradies: Lakritzsorten, die es hier nur online oder in gut sortierten Süßwarenläden gibt. Alles salzig und / oder pikant. Als echter Lakritzsuchti hab ich mich sehr zusammengerissen und mir nur eine Tüte gekauft, die der Mann auf meine Anweisung hier zu Hause irgendwo versteckt hat, damit ich die nicht auf einmal vertilge.
Und dann ging es gestern schon wieder nach Hause. Wir haben noch einen kleinen Abstecher nach Leiden gemacht, um uns die Stadt anzuschauen. So viele schöne, total schiefe Häuser lösen bei mir immer Begeisterungsstürme aus. Ich glaube, die stehen nur, weil sie sich gegenseitig stützen. Nimm eines aus der Reihe raus und ein ganzes Stadtviertel stürzt ein.
All das sieht so nett und menschlich und wunderschön aus, dass ich am liebsten sofort im allerschiefsten, krüppeligsten Häuschen einziehen möchte. Der deutsche Sicherheitswahn wird einem mal wieder bewusst, wenn man sieht, dass es weder am Flussufer Geländer gibt noch auf den zum Café umgemodelten Schiffen. Und ich bin mir sicher, dass hier nicht mehr Unfälle passieren als in unserer eingezäunten deutschen Welt.
Zum Schluss noch ein kleines Wortschätzchen:
Das erinnert mich daran, dass ich auch mal wieder zum knippen muss. Hier in unserer kleinen Stadt in meinem allerliebsten, winzigen, leicht danebenem Friseursalon: MS HairFlair, wo mir die Chefin jedes Mal beim Abschied sagt: Und beim nächsten Mal schneiden wir mal was richtig flottes. Und wir beide wissen, dass genau das nicht passieren wird, weil ich nur hier "wie immer" bekomme.
Vor kurzem war ich in einem bekannten Tierfutterladen und zwar zum letzten Mal.
Hier wurde nämlich - gut sichtbar im Eingangsbereicht platziert - ein Reizgas-Abwehrspray für Jogger angeboten. Auf dem Bild: eine kleine, schlanke Frau mit ängstlichem Blick und einem zähnefletschenden Schäferhund im Hintergrund.
Beworben wurde das Zeug mit der Aussage, dass dieses Gas X-Mal stärker sei als das von der Polizei genutzte. Damit der Schaden möglichst groß ist? Weil nicht bekannt ist, dass Hunde einen wesentlich ausgeprägteren Geruchssinn haben als Menschen?
Leider war kein Verkäufer in Sichtweite und ich hatte nur wenig Zeit, sonst hätte ich gefragt, warum ein Tierfuttermarkt so etwas anbietet.
Klar war mir dann aber, warum dieses Gas anscheinend mittlerweile in Mode ist, um Hunde abzuwehren: Es ist frei verkäuflich und damit moralisch vertretbar.
Dass meinem Wölfchen als Welpe schon einmal so eine Sprühdose von bekloppten Leuten ins Gesicht gehalten wurde, der Finger drückbereit auf dem Knopf - gesellschaftlich akzeptiert? (Wölfchen hat ganz vorsichtig mit langgestrecktem Hals und fluchtbereit dran geschnuppert, hätte ja lecker sein können. Ich hab den Mann so angeknurrt, dass er mehr Angst vor mir hatte als vor dem Hund)
Einen Welpen erkennen - das behaupte ich jetzt mal - auch Menschen, die keinen Bezug zu Hunden haben. Einen Welpen, der arglos auf jemanden zugewatschelt kommt, mit Pfefferspray oder Reizgas bedrohen, zeugt von einem ziemlich miesen Charakter.
Auch schlimm: Andere Hundehalter bewaffnen sich ebenfalls damit, um ihre eigenen Hunde "zu beschützen".
Solche Begegnungen hatte ich in der letzten Zeit mehrfach. Ich mag schon gar nicht mehr alleine mit meinen Hundis in den Wald gehen, weil ich nie weiß, ob nicht der wahnsinnige Glatzkopf mit seinem Waffenarsenal um die Ecke kommt und irgendwann wirklich mal einem meiner Hunde oder mir dieses Zeug ins Gesicht sprüht.
Muss sowas wirklich sein?
Wie sind denn die Menschen früher klargekommen, wenn sie (anderen) Hundehaltern begegnet sind?
Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass man aneinander vorbeilief und das war's. Entweder die Hunde waren friedlich oder nicht. Wenn nicht, wurde dem keine große Bedeutung zugemessen, einfach weitergehen und ganz sicher nicht mit Reizgas drohen.
Also: Bilde ich mir nur ein, dass die Leute immer bekloppter mit ihren Hunden werden oder ist das wirklich so?
Wenn man morgens aus dem Bett steigt und mit dem Zuerst-draussen-Zeh in einer feuchten Höhle landet, ohne dass dies eine besondere Reaktion nach sich zieht, dann lebt man entweder tatsächlich in einer feuchten Höhle oder hat einen Irischen Wolfshund vor dem Bett liegen, in dessen Nasenloch man gerade einen Treffer gelandet hat.