Dienstag, 1. Mai 2018
Unnu?
Alles ist gut. Besser als gut. Genau so, wie ich es immer haben wollte.

Zufrieden hocke ich nun seit fast drei Jahren in unserem schrottigen kleinen 60er-Jahre-Bungalow in "bevorzugter Wohnlage". Seit zwei Jahren arbeite ich halbtags in einer Mini-Immobilienverwaltung mit netten Kollegen, exzentrischem Chef und habe noch keinen Tag darüber nachgedacht, doch besser zu kündigen. Auch das also prima feinifein.

Der Mann: DER Mann.

Mr T: brav, bald fertig mit Zivildienst und dann in der Ausbildung

Prachtexemplar Nr. 2: brav, fauler Schüler mit komischerweise viel zu guten Noten dafür, eifriger Basketballer und Dancing King mit seiner Kindergartenfreundin

Bonuskind: brav, auf dem aufsteigenden Schulast und auch sonst dabei, einen guten Weg für sich zu finden.

Katzis: brav, die Madame bald 16, Katerli mit unbekanntem Alter und fleißiger Mäuse- und Rattenjäger hat heute Jahrestag bei uns

Hundis: brav (jeder nach seinen Möglichkeiten), mittlerweile zu viert und am liebsten hätte ich noch einen oder zwei - naja, alles geht leider nicht. Bei meiner letzten Anfrage in unserem Familienchat bin ich auf massiven Widerstand gestoßen.

Hundeschule: holprig, aber immer dann, wenn ich überlege zu schließen, kommen neue Anfragen

Tierheim-Dienst: läuft, macht Spaß und ich lerne viel über Hundeverhalten.

So.
Soweit gut.
Und jetzt?

Ich habe das Gefühl, dass ich noch nicht fertig bin. Dass da noch was auf mich wartet. Aber was? Und ist das vielleicht nur der Wunsch an sich, der mich glauben macht, dass da noch was wartet?

Meine Wenn-Dann-Liste geht so:
Wenn ich plötzlich in Geld schwimmen würde, dann
... würde ich ein alleinstehendes Haus mit Wald unmittelbar daran kaufen und einen Gnadenhof eröffnen, meinen festen Job kündigen (also doch) und mich nur noch um Tierchen kümmern
... würde ich noch eine oder mehrere Ausbildungen machen oder einfach eine nach der anderen, einfach nur aus Spaß (damit ich mich noch besser um meine Gnadenhoftierchen kümmern kann)
... würde ich unser Haus komplett ökologisch sanieren und dort meine Kinder gemütlich vor sich hin hausen lassen (weil die sicher keine Lust auf ein Haus im Nirgendwo hätten)
... würde ich eine Haushälterin einstellen, die all den lästigen Einkaufen, Kochen, Putzen-Kram macht, mit dem ich mich einfach nicht identifizieren mag - so eine Berta
... würde ich - als Alternative zum Gnadenhof oder zuerst, um dann den idealen Hof zu finden - einen Bus kaufen, den umbauen zum Wohnmobil und mit meinen Viechern und meinem Mann eine Reise machen. Ohne Ziel, ohne Plan, einfach los und die Welt anschauen.
... würde Berta, die auch Architektin wäre, währenddessen die Bauarbeiter bei der ökologischen Sanierung des Bungalows überwachen, sich um das gesunde und abwechslungsreiche Mittagessen für die Brut kümmern und dafür sorgen, dass ansonsten hier alles seinen optimalen Gang geht.
Hach.
So viele Würdes. Alle abhängig vom unverhofften Sterntalerregen. Blöd.

Unnu?
Ist das vielleicht auch einfach nur das Ergebnis von "Es geht mir zu gut?" Dieser Zustand ist schließlich eher neu für mich. Ich dümpel also immer noch ziemlich überrascht, dass ich tatsächlich mal hierhin komme, vor mich hin und weiß nicht, was ich damit anfangen soll. Oder geht das gar nicht so? Ist das nichts zum damit anfangen, sondern einfach nur drüber freuen und genießen? Ist das dann vielleicht sogar undankbar? Diese Unruhe, die in mir drin ihre Kreise dreht, und mich manchmal ganz kribbelig macht, weil ... siehe oben.

Also. Fragen über Fragen. Antwort entweder gar nicht möglich oder noch weit entfernt. Mir bleibt nichts anderes übrig als weiter zu atmen und zu existieren und vielleicht kommt er doch noch. Der Moment, der mir sagt, dass er jetzt da ist. Genau jetzt, um genutzt zu werden und dann richtig zu sein.

Heißt mein jetziges Alter vielleicht deswegen Wechseljahre (und bei den Männern Midlife Crisis)?
Wir haben uns innerlich fett gefressen mit Glück und Unglück und Erfahrungen und nun können wir uns verpuppen und dann als wunderschöner Schmetterling den Sterntalerregen erleben und alle Würdes verwirklichen. Oder andere. Oder so.

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Dienstag, 23. Januar 2018
WAAAAAAAAA!!!!!!!
Heute habe ich ein Kompliment bekommen: Ich hätte so eine "gelassene Ausstrahlung".

Hahaaaaaaa!!!!! ICH!!!!!!!
Es gibt nicht viele Menschen, die noch weiter entfernt von gelassener Ausstrahlung bzw. Gelassenheit an sich sind, als ich.

Ich bin allerhöchstens in sekundenkurzen Momenten ein gut getarntes Nervenbündel. Das jedoch nur, wenn ich gleichlaufend zu diesen äußerst seltenen augenzwinkerkurzen Momenten im hormonellen Gleichgewicht, satt, ausgeschlafen, in der richtigen Umgebung, in der richtigen Gesellschaft, ohne Zeitdruck und ohne kurz davor blöde Erlebnisse gehabt zu haben bin. Das alles muss gleichzeitig gegeben sein. Nichts davon darf fehlen. Dann könnte ich also ganz vielleicht den Eindruck erwecken, ich sei sowas wie gelassen. Kurz.

Ich habe keine Ahnung, wie diese Frau, die ich ziemlich sympathisch finde und mit der ich mich gerne unterhalte, darauf kommt. Entweder meine Wahrnehmung ist gestört oder ihre. Ich weiß es nicht.

Ziemlich sympathisch finde ich sie, weil sie keinen Nervenzusammenbruch bekommt, wenn mein Stressi bei Begegnungen mit ihr und ihren Stressi-Hunden kreischend in der Leine hängt und erstmal den Werwolf gibt. Die interessiert das einfach nicht und so kommt es, dass wir unsere Hunde erstmal rumprollen lassen, sich anknottern lassen, ein bisschen Zähne fletschen lassen, um davon unbeeindruckt trotzdem zusammen zu laufen und schwupp kehrt Ruhe ein. Wir erzählen uns gegenseitig dann manchmal Geschichten von denen, die genau das nicht machen und dadurch ungewollt, aber so gut wie unausweichlich, ungeklärte Situationen zwischen den Hunden wachsen lassen, die im schlimmsten Fall bei unpassender Gelegenheit in eine wirklich gefährliche Keilerei ausarten können.

Ich weiß, dass das einfach gesagt ist, wenn man in einer Hundeschule arbeitet (sie) oder selbständige Hundverhaltenstherapeutin ist (ich). Was sie auf dem Hundeplatz ihren Kunden beibringt weiß ich nicht. Ich lege jedoch größten Wert darauf, den Leuten zu zeigen, welche Bedeutung das Verhalten ihrer Hunde hat und wie man damit umgeht.

Was ich aber auch weiß: Hier in unserer Wohngegend ist bekannt, was wir beide machen. Und nur, weil wir beide bekloppte Hunde haben, heißt dass ja nicht gleichzeitig, dass wir unfähig sind. Im Gegenteil. Die wären noch viel schlimmer, wenn wir keine Ahnung davon hätten. Es wäre nur so schön, wenn die anderen Hundehalter uns einfach mal vertrauen würden, wenn wir sagen, dass nichts passieren wird und man ruhig zusammen laufen kann mit den Bestien.

Eine. Eine einzige hat sich vor kurzem getraut. Sie hat einen sehr lieben, mit so ziemlich jedem verträglichen Straßenkreuzer aus Spanien. Ein ganz toller Hund, der sogar von meinem Stressi ohne weiteres akzeptiert wird. Vor kurzem sind wir uns begegnet, während mein Stressi gerade dabei war, den beiden 20 Meter entfernten Border Collies zuzubrüllen, dass er sie scheiße findet und sie sich aus seinem Blickfeld verpissen sollen.

Dumerweise war dann aber ihr Hundchen für meinen wahnsinnigen Köter griffbereit und er hat sich ihn dann kurzerhand ersatzweise vorgeknöpft. Es ist nichts passiert, außer dass der kleine liebe Spanier meinem Stressi auf gute Hundeart klar gemacht hat, dass er dessen Verhalten zum Kotzen findet.

Huch, war das Frauchen erschrocken. Sie wollte gar nicht mehr näher kommen und in dieselbe Richtung gehen wie wir. Aber! Sie hat mir dann einfach mal vertraut. Ich habe ihr erklärt, was da gerade passiert ist, dass das nicht schön, aber trotzdem nichts anderes als Hundeverhalten war und dass meine Bestie ihrem Süßen nichts tun wird.

Zwei Meter weiter war alles genau so, wie ich es prophezeit hatte. Beide liefen friedlich nebeneinander her, schnüffelten zusammen an spannenden Stellen und waren sich einig. Hunde halt.

Diese Geschichte hat sich nur leider anscheinend noch nicht rumgesprochen unter den anderen Hundehaltern, die mir die Dominanztheorie erklären wollen und vor allem sicher sind, dass sie genau wissen, worum es dabei eigentlich geht. Ich hör mir das an und denke mir meinen Teil. Na gut, in solchen Momenten kann ich dann doch manchmal gelassen sein.

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Sonntag, 14. Januar 2018
Seid lieb!
Jetzt gerade warte ich auf zwei Zweibeiner und einen Vierbeiner aus meiner Herzensfamilie. Die Drei müssten eigentlich schon da sein, da angekündigt für 13 Uhr, aber wir sind alle nie pünktlich, also ist alles in bester Ordnung.

Zur Verköstigung der gleich Anwesenden Zweibeiner habe ich frische Brötchen gebacken mit selbst kreierter Teigzutaten-Würzmischung und viel Liebe.

Hefeteig kneten gehört zu meinen liebsten, meditativen Tätigkeiten. Dabei lasse ich meinem Gehirn freien Lauf, atme gemütlich vor mich hin und versinke ganz in dem, was ich da tue. So wie früher als Kind, wenn die Außenwelt keine Ränder mehr hatte und ich voll und ganz im Sein war.

Eigentlich laufen im Moment ein bis zwei ganz andere Aufsätze in meinem Kopf im Kreis herum, aber dieses Thema hat nun Vorrang:

Ich bin ja der Meinung, dass dieser Planet uns Menschen überhaupt nicht braucht. Wir sind für das ganze Ökosystem ziemlich unnötig - mal zumindest in dieser Menge mit unseren jetzigen auf Konsum basierten Systemen.

Das glaube ich, ohne selbstzerstörerische Hintergedanken und auch ohne misanthropisch zu sein. Ist einfach meine Meinung.

Eben kam mir dann der Gedanke: Wenn wir doch schon so vollkommen entbehrlich sind, dann können wir doch wenigstens das Beste daraus machen und das Beste, was ein Mensch tun kann, ist aus meiner Sicht, einfach so viel Gutes in seinem Leben zu bewirken, wie es irgendwie möglich ist. Eine andere Art als Mensch, etwas Positives zu dem Leben hier auf dieser Erde beizutragen, fällt mir nicht ein.

Und ist das nicht eigentlich ganz einfach? Jeder kann auf seine Art, einfach mal lieb sein. Den oder die Nachbarn morgens im Treppenhaus freundlich grüßen und anlächeln, jemanden an der Kreuzung vorlassen, jemandem einen Kasten Wasser die Treppen hochtragen oder den den Nachbarn die geleerte Mülltonne wieder zurück vors Haus rollen. Kostet nichts als ein paar Sekunden, ist aber schon was Gutes.

Und das widerum lässt sich steigern. Wie eine positive Spirale und es lässt sich einfach durch die Tatsache, dass man es tut, vermehren. Weil, wenn man lieb ist, dann tut man anderen gut und die sind dann auch besser drauf und tun dann auch etwas freundliches und so wird es immer besser und besser und wäre das nicht schön, wenn wir alle das einfach mal angehen würden?

Ja, oder?

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