Mittwoch, 9. Mai 2018
Cha Cha Grabsch
Der Mann und ich entwickeln uns zu den neuen Fred und Ginger.

Mein Prachtexemplar Nr. 2 hat Anfang des Jahres mit seiner Kindergartenfreundin einen Tanzkurs besucht. Selbstverständlich haben der Mann und ich am Abschlussball teilgenommen. Selbstverständlich habe ich meine über 30 Jahr zurückliegenden Disco Fox Kenntnisse total überschätzt. Also haben wir uns den ganzen Abend das Treiben auf der Tanzfläche vom sicheren Elterntisch aus angesehen.

Nach diesem Abend war ich angefixt. Ich habe beschlossen, einen Tanzkurs für Paare zu besuchen. Mann wurde zum Mitgehen verdonnert.
Also, ab in die örtliche Tanzschule.

Schon beim Betreten hatten wir einen Back to the 80s Flash. Nicht nur die Inneneinrichtung, auch die Optik der Tanzlehrerin und die Musik erinnern an die Zeit als man noch aus Langeweile und mangels Alternativen in der Eifel sonntags zum Clemens und samstags auf den Diskoabend vom Junggesellenfest gegangen ist. Dort haben wir die Abende mit wilden Performances auf We Will Rock You und Sunday Bloody Sunday verbracht. Oder die Mädels haben miteinander Dorfdiscofox auf Kylie Minogue und Jason Donovan getanzt, während die Jungs drum herum standen und sich bis auf wenige Ausnahmen nicht getraut haben.

Aber zurück in die Gegenwart.
Am ersten Abend hat die Tanzlehrerin den etwas verschüchterten Paaren den Ablauf des Kurses erklärt. Mit den Worten "Jetzt saufen wir erst Mal einen" wurden wir zusammengetrommelt und dann ging es los.

Die Männer sollten gefälligst führen. Die Frauen sollten gefälligst die Männer führen lassen.

Der erste Tanz, der geübt wurde, war der Samba. Schön locker in den Knien bleiben. Der Fachbegriff dafür ist Bouncen. Tanzlehrerin "sacht lieber Juggeln". Wir juggeln also vor uns hin, wischen und wiegen die mehr oder weniger ausgeprägten Popos.

In dem Stil geht es seitdem weiter. Ich bin immer wieder total entzückt, wenn die Tanzlehrerin die Schritte zeigt, was sehr schön aussieht - bei ihr. Wenn dann die Männer wie eine Horde Zombies hinter ihr vor dem Spiegel ihre Füße sortieren, haben die Frauen ihren Spaß. Danach werden die Rollen getauscht und die Männer haben ihren Spaß.

Gestern haben wir die Schrittfolge für den Cha Cha Cha gelernt. Dieses Mal hat sie sich den Fachbegriff für das Zusammenfinden des Paares in die Grundstellung nach der letzten, getrennten Drehung gespart. Das Ding heißt also Cha Cha Grabsch und wird auch so per Mikrofon in den Saal gebrüllt.

Mittlerweile ist auch der Mann eifrig bei der Sache und wir beide werden immer besser. Lustig ist die unterschiedliche Herangehensweise von uns beiden. Der Mann weiß immer ganz genau, wann wer welche Bewegung in welchem Winkel zu welcher Ecke des Saales machen muss. Ich schalte einfach nur mein Gehirn aus und übe mich im Geführt werden. Meistens weiß ich gar nicht, was ich da eigentlich mache und das hat echt was Entspannendes. Nach zwei Stunden fahren wir total durchgeschwitzt und erledigt nach Hause und fallen ins Bett.

Am Sonntag ist Muttertags-Schwof und ich wünsche mir, dass wir beide dahin gehen. Und beim nächsten Abschlussball fegen MannFred und GingerHilde Prachtexemplar Nr. 2 nebst weiblicher Begleitung von der Tanzfläche. Hui!

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Sonntag, 6. Mai 2018
2018
Das muss ich jetzt noch schnell nachtragen:

Ich frage mich mittlerweile auch, warum mir manche Menschen begegnen, ob ich daraus lernen soll und wenn ja, was.

Und manchmal frage ich mich auch, warum mich dieses eine oder andere Arschloch jetzt eigentlich genau aufregt, ob ich daraus lernen soll und wenn ja, was.

Spannend und weder Humbug noch fauler Zauber.

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Es gibt Wörter, die mir nicht genau genug beschreiben, was sie sagen sollen. So schreibe ich zum Beispiel nicht auf, sondern ich schreibe raus. Habe ich eben bei unserem sonntäglichen im Bett sitzen, Kaffee trinken und philsophieren bis diskutieren festgestellt.

Rausschreiben von Aufsätzen. Viel schöner klingt das als Aufschreiben. Finde ich.

Genauso geht es mir mit "Umweltschützer". Was ein Scheiß! Warum "Um"-Welt?

Dieses Wort impliziert meiner Meinung nach, dass die Menschheit eine Welt um sich herum hat, die aber - außer, dass sie drumherum ist - nichts mit ihr zu tun hat.

Wäre es nicht besser, daraus "Mitwelt" zu machen? Oder den ganzen Quatsch einfach weglassen und "Weltschützer" zu sagen?

Ich finde es schlimm, dass einem erschreckend hohen Anteil der Menschheit offensichtlich der Blick auf das Essentielle verloren gegangen ist. Schließlich brauchen wir die Um/Mit/Welt und nicht umgekehrt.

Noch schlimmer finde ich dieses Selbstverständnis oder diese Arroganz, mit der manche Menschen sich selbst als Krone der Schöpfung sehen. Andererseits ist das auch irgendwie konsequent: Ist schließlich nichts neues, dass eine Krone alles darunter ausbeutet und zerstört.

Aber das war jetzt gar nicht das, was eigentlich als Aufsatz in der Warteschleife gewachsen ist. Das musste nur mal so gesagt werden. War mir ein Anliegen. Und jetzt geht's weiter mit dem eigentlichen Thema: Rückführung.

Manchmal passieren Dinge, die machen, dass man Dinge passieren lässt.

Dieses Jahr hat mit einem Abschied angefangen, der zwar absehbar war, aber trotzdem - wie das ab und an mit Abschieden ist - manche wünscht man sich einfach nicht.

Jedenfalls hat mich dieser Abschied zu einem neuen Forschungsprojekt inspiriert. Ich habe eine Rückführung gemacht. Einfach nur um zu sehen, wie das so ist und was dabei passiert. Die Neugier trieb mich also mal wieder in ein Experiment und es hat sich wirklich gelohnt.

Egal, was man davon halten mag. Ob Humbug oder nicht. Da sind Dinge passiert, die jetzt - 4 Monate später - immer noch nachwirken. Sie wirken und wachsen und zwar positiv.

Aber von vorne: Es fiel mir schwer, mich auf diese Zeitreise einzulassen. Anfangs war es schwierig, die Bilder, die in meinem Kopf erschienen, als wirklich zu akzeptieren. Ich habe währenddessen mir selbst nicht getraut und mich immer wieder gefragt, ob ich mir das nur ausdenke.

Ich konnte nichts hören und habe andere Menschen auch nur schemenhaft und mit Abstand wahrgenommen. Bis auf meine Schwester und den Mann, zu dem ich dann irgendwann gegangen bin. Zusammen mit meiner Ziege.

Wie gesagt, man kann davon halten, was man will. Wirklich real waren aber diese Gefühle, die ich in bestimmten Situationen hatte. Die waren wirklich da und zwar im Hier und Jetzt. Und die waren stark! Ich habe geschimpft und ich habe geheult. Einmal war ich unglaublich wütend, ein anderes Mal hatte ich Schmerzen, dann bin ich gestorben und mein Mann stand am Grab und hat nicht gemerkt, dass ich bei ihm und alles gut war. Irgendwann waren wir alle wieder zusammen. Meine Tochter, mein Mann und unser Sohn, mit dem ich schwanger war, als ich gestorben bin.

Das ist jetzt nur die Ultrakurzzusammenfassung von den zweieinhalb Stunden, die das gedauert hat. Angefühlt hat sich das wie ungefähr eine halbe Stunde.

Aber zurück zu den Gefühlen, die mich dabei übermannt haben. Das schönste daran war nämlich, dass ich sie abgegeben habe. Ins Feuer und ins Wasser. Sie waren danach weg und ich war so erleichtert. Auch spannend war die Tatsache, dass ich ein Gefühl zwar heraus holen und anschauen konnte, aber ich wollte es noch nicht hergeben. Ich habe es also wieder an seinen Platz zurück gesteckt bis ich dafür bereit bin.

Und mir ging es gut danach! Ist das nicht toll? Ich war erleichtert um Klötze, die ich auf irgend eine Art mitgeschleppt habe und so los geworden bin. Sicher ist jedenfalls, dass ich das nochmal machen werde. Wenn das für mich ein Mittel ist, um belastende Gefühle los zu werden bzw. zu bearbeiten, dann soll es mir recht sein.

Auch habe ich mir überlegt, dass wir vielleicht wirklich immer wieder in ein Leben gehen, in dem wir Lektionen lernen sollen. Wozu auch immer. Ich habe jedenfalls nicht mehr so extrem schlimme Verlustängste, vor allem in Bezug auf meinen Mann. Wir gehören zusammen und wir bleiben zusammen. Und der Weg, den ich in diesem Leben gegangen bin, um ihn zu finden, hat sich gelohnt, auch wenn ich echt viel Scheiß erleben musste und auch anderen angetan habe. Jetzt sind wir zusammen. Nichts anderes zählt.

So schön ist das.

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Dienstag, 1. Mai 2018
Unnu?
Alles ist gut. Besser als gut. Genau so, wie ich es immer haben wollte.

Zufrieden hocke ich nun seit fast drei Jahren in unserem schrottigen kleinen 60er-Jahre-Bungalow in "bevorzugter Wohnlage". Seit zwei Jahren arbeite ich halbtags in einer Mini-Immobilienverwaltung mit netten Kollegen, exzentrischem Chef und habe noch keinen Tag darüber nachgedacht, doch besser zu kündigen. Auch das also prima feinifein.

Der Mann: DER Mann.

Mr T: brav, bald fertig mit Zivildienst und dann in der Ausbildung

Prachtexemplar Nr. 2: brav, fauler Schüler mit komischerweise viel zu guten Noten dafür, eifriger Basketballer und Dancing King mit seiner Kindergartenfreundin

Bonuskind: brav, auf dem aufsteigenden Schulast und auch sonst dabei, einen guten Weg für sich zu finden.

Katzis: brav, die Madame bald 16, Katerli mit unbekanntem Alter und fleißiger Mäuse- und Rattenjäger hat heute Jahrestag bei uns

Hundis: brav (jeder nach seinen Möglichkeiten), mittlerweile zu viert und am liebsten hätte ich noch einen oder zwei - naja, alles geht leider nicht. Bei meiner letzten Anfrage in unserem Familienchat bin ich auf massiven Widerstand gestoßen.

Hundeschule: holprig, aber immer dann, wenn ich überlege zu schließen, kommen neue Anfragen

Tierheim-Dienst: läuft, macht Spaß und ich lerne viel über Hundeverhalten.

So.
Soweit gut.
Und jetzt?

Ich habe das Gefühl, dass ich noch nicht fertig bin. Dass da noch was auf mich wartet. Aber was? Und ist das vielleicht nur der Wunsch an sich, der mich glauben macht, dass da noch was wartet?

Meine Wenn-Dann-Liste geht so:
Wenn ich plötzlich in Geld schwimmen würde, dann
... würde ich ein alleinstehendes Haus mit Wald unmittelbar daran kaufen und einen Gnadenhof eröffnen, meinen festen Job kündigen (also doch) und mich nur noch um Tierchen kümmern
... würde ich noch eine oder mehrere Ausbildungen machen oder einfach eine nach der anderen, einfach nur aus Spaß (damit ich mich noch besser um meine Gnadenhoftierchen kümmern kann)
... würde ich unser Haus komplett ökologisch sanieren und dort meine Kinder gemütlich vor sich hin hausen lassen (weil die sicher keine Lust auf ein Haus im Nirgendwo hätten)
... würde ich eine Haushälterin einstellen, die all den lästigen Einkaufen, Kochen, Putzen-Kram macht, mit dem ich mich einfach nicht identifizieren mag - so eine Berta
... würde ich - als Alternative zum Gnadenhof oder zuerst, um dann den idealen Hof zu finden - einen Bus kaufen, den umbauen zum Wohnmobil und mit meinen Viechern und meinem Mann eine Reise machen. Ohne Ziel, ohne Plan, einfach los und die Welt anschauen.
... würde Berta, die auch Architektin wäre, währenddessen die Bauarbeiter bei der ökologischen Sanierung des Bungalows überwachen, sich um das gesunde und abwechslungsreiche Mittagessen für die Brut kümmern und dafür sorgen, dass ansonsten hier alles seinen optimalen Gang geht.
Hach.
So viele Würdes. Alle abhängig vom unverhofften Sterntalerregen. Blöd.

Unnu?
Ist das vielleicht auch einfach nur das Ergebnis von "Es geht mir zu gut?" Dieser Zustand ist schließlich eher neu für mich. Ich dümpel also immer noch ziemlich überrascht, dass ich tatsächlich mal hierhin komme, vor mich hin und weiß nicht, was ich damit anfangen soll. Oder geht das gar nicht so? Ist das nichts zum damit anfangen, sondern einfach nur drüber freuen und genießen? Ist das dann vielleicht sogar undankbar? Diese Unruhe, die in mir drin ihre Kreise dreht, und mich manchmal ganz kribbelig macht, weil ... siehe oben.

Also. Fragen über Fragen. Antwort entweder gar nicht möglich oder noch weit entfernt. Mir bleibt nichts anderes übrig als weiter zu atmen und zu existieren und vielleicht kommt er doch noch. Der Moment, der mir sagt, dass er jetzt da ist. Genau jetzt, um genutzt zu werden und dann richtig zu sein.

Heißt mein jetziges Alter vielleicht deswegen Wechseljahre (und bei den Männern Midlife Crisis)?
Wir haben uns innerlich fett gefressen mit Glück und Unglück und Erfahrungen und nun können wir uns verpuppen und dann als wunderschöner Schmetterling den Sterntalerregen erleben und alle Würdes verwirklichen. Oder andere. Oder so.

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