Freitag, 12. Juni 2020
Die blöden Dinge
So. Die letzten Tage habe ich alles mögliche erledigt: Eigentlich wollte ich ihn im Garten begraben, der Gedanke hat sich aber nicht gut angefühlt.
Außerdem benötigt ein Irish Wolfhound ein ziemlich großes Loch und ich hätte es nicht geschafft, sowas zu graben und dem Mann wollte ich es auch nicht zumuten.
Also haben wir ihn zu einer Tierbestatterin gebracht, die ihn verbrennen lässt. Die Asche und einen Pfotenabdruck bekommen wir in den nächsten Tagen zurück.
Hundesteuer, Haftpflicht- und OP-Versicherung sind informiert und ich habe alle seine Decken gewaschen.
Ich sortiere mich innerlich neu. Die Trauer frisst so viel Energie. Essen geht nicht, aber immerhin habe ich die letzte Nacht ein paar Stunden geschlafen.
Was mir auch immer bewusster wird, sind all die blöden Dinge, die gezeigt haben, dass seine Zeit abläuft und nun wegfallen: jeden Tag vier Portionen Tabletten in unterschiedlichen Kombinationen herrichten, jeden Tag hoffen, dass er wenigstens ein bisschen frisst, jeden Tag vor dem Weg auf die Arbeit ausgiebig Abschied nehmen - es könnte ja das letzte Mal gewesen sein, dass man ihn lebendig sieht - und hoffen, dass er mittags wieder mit den anderen an der Tür steht, jede Nacht mehrfach raus müssen, weil Hund durch die Entwässerungstabletten ständig pinkeln muss - der Kerl kam dadurch nie richtig zur Ruhe.
Er war immer so lieb und geduldig, verschmust und anhänglich und wollte vor zwei Wochen noch seiner läufigen IW-Freundin an die Wäsche. Aber er hat auch immer mehr abgebaut und ich glaube, wir haben ihm mit dieser Entscheidung viel Leid erspart.
Er würde wahrscheinlich auch heute noch leben, aber zu welchem Preis?
Es tröstet mich kein bisschen, dass die Tierärztin mich sehr für meine Vernunft gelobt hat. Aber es zeigt mir, dass sie dasselbe gesehen hat wie ich und am Ende will man immer nur das Beste für das geliebte Tierchen.

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Mittwoch, 10. Juni 2020
Monstermäßig übles, gigantisches Bewältigungsding
Jetzt kommt sie wieder. Die Zeit der ersten Male.

Das erste Mal abends ins Bett gehen ohne den Wolf haben wir schon hinter uns. Sogar schon zwei Mal. Von Schlafen weit entfernt.

Das erste Mal nach Hause kommen, ohne dass er hinter der Haustür steht mit dem restlichen Begrüßungskomitee - auch schon geschafft.

Zwei Mal schon aufgestanden ohne den Wolf - auch geschafft.

Heute habe ich die Hose an, die ich am Montag beim Einschläfern anhatte. Alle Hunde haben sie ausgiebig untersucht.

Eben bin ich einen Teil seines letzten Spaziergangs abgelaufen. Auch das - check.

X-Mal weitergeatmet, obwohl ich innerlich am besten bin vor Schmerzen.

Tränen ohne Ende geweint, auch jetzt gerade.

Das Haus ist so leer ohne den großen IW.

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Donnerstag, 21. Mai 2020
Lady Helmchen und ihr elektrisch betriebener Feuerstuhl
Vor kurzem hat es mich zum Hautarzt getrieben. Grund war der erschreckende Haarausfall. Gefühlt büschelweise sind sie rausgefallen, meine dünnen Fusseln. Dünn ist ja o.k., aber davon dann auch noch wenig, das fand ich zu traurig.

Nachdem monatelange Zufuhr von Biotin, Keratin, usw usw, - was man halt so alles zu sich nimmt, in der Hoffnung, damit das Drama zu stoppen - nichts geholfen hat, also ab zum Arzt.

Und was kommt dabei raus? Nix. Nur ein leerer Eisenspeicher und ansonsten Hormonstatus voll wechseljahrig, Schilddrüse in Ordnung. Aufgabe des Hausarztes: Geh mit dem Blutbild zum Hausarzt.

Das bringt mich jetzt erstmal nicht wirklich weiter, aber diese Wechseljahressache finde ich ziemlich spannend. Dinge passieren. Unglaublich. Pubertät in rückwärts.

Wenn ich das Gefühl habe, dass mir niemand - also Fachleute, also Ärzte - nicht wirklich weiterhelfen, muss entweder ich selbst ran oder ergänzend vielleicht noch meine Wunderheilerin.

Ich selbst habe also begonnen zu entrümpeln, Stressfaktoren zu beseitigen und wieder Sport zu machen. Also, ich hüpfe jetzt fast jeden Vormittag im Keller vor meinem Laptop rum und turne "Bauch Beine Po Gymnastik für Anfänger knieschonend ohne hüpfen"-YouTube-Videos nach. Dann noch eine Meditation hinterher; für Yoga reicht es noch nicht, geht aber hoffentlich bald auch endlich wieder.

Womit ich mich auch auseinandersetzen muss, ist diese plötzliche Mopsigkeit. Eben stand ich wieder total frustriert vor dem Kleiderschrank, weil mir kaum noch Hosen so passen, dass es nicht nach Wurst in Pelle aussieht. Nachdem ich festgestellt habe, dasss kämpfen für mich kein guter Ansatz ist, nehme ich diesen Zustand an und kümmer mich von diesem Punkt aus um das größtmögliche Wohlbefinden. Alles andere wird sich dann finden.

Bis dahin hüpfe und meditiere ich, investiere in passende Hosen und fahre so oft es geht mit meinem wunderbaren Nostalgie-Pedelec. Das Leben ist schön, auch mit Rettungsringen und dickem Popo.

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